Minister Tonne: „375 Millionen Euro für Niedersachsens Seehäfen – starkes Signal für Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit“
Brake, 5. September 2025 | Funktionierende Seehäfen sind Voraussetzung für weltweiten Handel und zugleich wichtige Wirtschaftsfaktoren in ihren jeweiligen Regionen. Geopolitische Unwägbarkeiten beeinflussen jedoch die Wirtschaft und damit auch das Geschäft von Hafen- und Logistikdienstleistern. Dass hierin zwar Risiken liegen, man aber auch neue Chancen erkennen und nutzen kann, wurde beim heutigen 33. Niedersächsischen Hafentag in Brake deutlich. Handelsabkommen und eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern in Südamerika, Osteuropa oder Zentralasien bieten interessante Potenziale, zudem sind die Seehäfen in Niedersachsen zentrale Bausteine der industriellen Transformation.
Eine wenig kalkulierbare US-Zollpolitik, Krisenherde in der Welt, strukturelle Probleme der Wirtschaft – die Liste der aktuellen Herausforderungen für die Hafenwirtschaft, nicht nur in Niedersachsen, ist lang. Beim 33. Niedersächsischen Hafentag, der heute in Brake mit rund 270 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Medien stattfand, wurde aber nicht nur darüber debattiert, wie betroffen die nordwestdeutsche Wirtschaft und damit auch die Seehäfen von den aktuellen Handelsbeschränkungen sind, sondern auch, welche neuen Perspektiven sich auftun können im Hinblick auf neue Märkte und die bereits bestehenden Spezialisierungen. Niedersachsens Seehäfen sind dank vorausschauender Investitionen durch die öffentliche Hand und privater Unternehmen sowie die starke und innovative Hafenwirtschaft grundsätzlich gut aufgestellt.
„Wenn wir über neue Chancen in sich verändernden Märkten sprechen, dann auch über strategische Weitsicht, unternehmerischen Mut sowie ein Höchstmaß an Flexibilität und Know-How. Wir reden von neuen Investitionen, die nötig sind, um Geschäfte anzuziehen und dauerhaft zu halten – und dies in den schwierigen Zeiten, die wir momentan erleben“, sagte Inke Onnen-Lübben, Geschäftsführerin der Seaports of Niedersachsen GmbH bei der Eröffnung des Hafentags und verwies auf zahlreiche Beispiele in den niedersächsischen Seehäfen, wo Unternehmen gezielt bestehende Märkte stärken und neue Umschlagspotenziale entwickeln. Dass diese Bemühungen Früchte tragen, zeigten auch die jüngsten, positiven Wachstumsraten beim Hafenumschlag der Hafengruppe.
Der Braker Hafen als das wirtschaftliche Herz der Stadt, kraftvoller Taktgeber für die gesamte Region und unverzichtbarer Teil globaler Lieferketten – Brakes Bürgermeister Michael Kurz brachte in seinem Grußwort die Bedeutung des Seehafens auf den Punkt. Um weiterhin dessen Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, seien die Fahrrinnenanpassung der Unterweser bis Brake sowie der schnelle Neubau der Eisenbahnbrücke bei Elsfleth jedoch von hoher Dringlichkeit.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne betonte in seinem Impulsvortrag die Schlüsselrolle der niedersächsischen Seehäfen für die Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Als Drehscheiben für Erneuerbare Energien, Container, Agrarprodukte, Fahrzeuge und Baustoffe seien sie fest am Markt etabliert. Das Land habe in den vergangenen Jahren zielgerichtet investiert, um die Standorte zukunftssicher aufzustellen. Mit dem Start des Ausbaus des Offshore-Hafens Cuxhaven und dem Neubau eines weiteren Großschiffsliegeplatzes in Emden durch Niedersachsen Ports seien in diesem Jahr wichtige Schritte zur Weiterentwicklung der Hafeninfrastruktur erfolgreich auf den Weg gebracht worden.
Minister Tonne: „Niedersachsen investiert in diesem Jahr rund 375 Millionen Euro in seine Seehäfen – ein starkes Signal für ihre Zukunftsfähigkeit. 200 Millionen Euro sollen in einen neuen Anleger in Wilhelmshaven fließen, der sich gemeinsam mit der geplanten Bundesförderung zum zentralen Umschlagplatz für Energieträger und Industrieimporte entwickelt. Weitere 175 Millionen Euro investieren wir in Modernisierung, Digitalisierung und Klimaanpassung der Infrastruktur von Niedersachsen Ports. Diese Summe liegt deutlich über den regulären Mitteln und gibt der Gesellschaft langfristige Planungssicherheit. Entscheidend ist, dass Land und Bund bei der Hafenfinanzierung auch weiterhin Hand in Hand arbeiten, damit unsere Häfen auch künftig das Rückgrat für Energie, Industrie und Handel bleiben.“
Wie sich Handelsbeschränkungen, etwa durch die US-Zollpolitik und Sanktionen, aktuell auf die Wirtschaft im Oldenburger Land und die Seehäfen in Niedersachsen auswirken, wie künftige Strategien zur Marktbearbeitung aussehen könnten und welchen Beitrag die Politik dazu leisten kann, war Thema eines Podiumsgesprächs, an dem neben Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne auch Marie-Aude Boulier, Länderreferentin der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer, Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. sowie Jan Müller, Vorstandsvorsitzender der J. Müller SE, teilnahmen.
Marie-Aude Boulier erklärte, dass die Exportwirtschaft im Oldenburger Land, die im USA-Geschäft aktiv sei, trotz der aktuellen Zoll-Einigung die Handelspolitik der USA als wenig verlässlich einschätzt. Viele Betriebe befürchten weitere Handelsbeschränkungen ebenso wie steigenden Bürokratieaufwand und einen erhöhten Wettbewerbsdruck durch Handelsverlagerungen aus Drittländern in die EU. Neue Chancen böten Märkte in Süd- und Mittelamerika sowie Asien und auch der EU-Binnenmarkt gewinne an Bedeutung. „Die EU-Kommission hat das Handelsabkommen mit Mercosur und auch Mexiko nun formell angenommen“, sagte Boulier. „Das Abkommen wird in zwei separate Teile gegliedert: einen politischen sowie einen Handelsteil.
Der Handelsteil kann dann in Kraft treten, wenn er im Rat der EU mit qualifizierter Mehrheit angenommen und zusätzlich eine einfache Mehrheit im Parlament erreicht wird. Brasilien ist jetzt schon ein wichtiger Markt für Unternehmen aus dem Oldenburger Land und dem Nordwesten“, so Boulier.
Eine deutliche Belastung der Wirtschaft in Niedersachsen durch das Zollabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten sieht auch Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne. Gleichwohl gelte es, den Blick nach vorn zu richten. „Wir unterstützen Unternehmen in Niedersachsen bei ihrem Markteintritt in internationale
Märkte auf mehreren Ebenen. Beratung durch unsere Auslandsvertretungen z.B. in Japan, China, Südafrika, Kuba, Polen, Türkei, Skandinavien und natürlich auch den USA sowie die Organisation von Unternehmerreisen sind wesentliche Bausteine unserer Außenwirtschaftspolitik“, so Tonne. Erst im Juli konnten auf einer Wirtschaftsdelegationsreise nach Kolumbien Potenziale für eine künftige wirtschaftliche
Zusammenarbeit, z.B. im Energiebereich, identifiziert werden. Weiterhin gebe es zahlreiche Aktivitäten der Landesregierung, um den Bürokratieabbau für die Wirtschaft voranzubringen und Planverfahren zu beschleunigen.
Die Auswirkungen von Handelsbeschränkungen auf die Hafenwirtschaft verdeutlichte Jan Müller am Beispiel des Hafen Brake, wo durch die Russland-Sanktionen direktes Geschäft verlorengegangen sei. Auch durch die sanktionsbedingte Erhöhung der Energiekosten seien Hafenkunden, wie z.B. die Papierindustrie als Abnehmer von Zellstoff unter Druck geraten. Er bestätigte zudem die Unsicherheiten im USA-Geschäft, z.B. mit Stahlprodukten und Holz auch aus Hafenbetreibersicht. Veränderungen im Wettbewerb mit anderen europäischen Häfen seien erkennbar und auch Kundenstrukturen veränderten sich. Sein Unternehmen setze u.a. auf eine stärkere Internationalisierung: „Wir beobachten gezielt Wachstumsmärkte, was Produkte, etwa in der Kreislaufwirtschaft, aber auch was Ländermärkte betrifft, um uns entsprechend zu positionieren. Dafür sind neue Freihandelsabkommen wichtig“, so Müller. Für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit wünscht er sich zudem politische Unterstützung auf allen Ebenen – bei der Energieversorgung, der Verkehrsanbindung und dem gezielten Ausbau der Hafeninfrastruktur.
Michael Harms verwies auf die neuen Chancen für die deutsche Wirtschaft, die eine Weiterentwicklung des EU-Binnenmarkts durch eine Integration der ost- und südosteuropäischen Kandidatenländer mit sich bringen könnte. In unsicheren geopolitischen Zeiten gewinne zudem das Thema „Nearshoring“ und damit eine stärkere Ausrichtung der Produktion und der Lieferketten auf Europa an Bedeutung. Rohstoffpartnerschaften mit Ländern in Zentralasien seien zudem wichtig, um sich bei der Versorgung der Industrie weniger abhängig zu machen. „Deutschen Unternehmen bieten sich in der Region Mittel- und Osteuropa und auch in Zentralasien Möglichkeiten, widerstandsfähigere Lieferketten aufzubauen. Auch die niedersächsischen Seehäfen können hiervon profitieren, z.B. durch vermehrte Kurzstrecken-Seeverkehre oder auch den Aufbau direkter Handelsbeziehungen mit Rohstofflieferanten“, erklärte Harms.
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